Die vollkommene Natur

Die Eremitage in Arlesheim ist der groesste englische Landschaftsgarten in der Schweiz. Er wurde 1785 eroeffnet. Initianten oder Urheber der Anlage waren Balbina von Andlau-von Staal, Gattin des bischoeflichen Landvogts, und ihr Vetter, der Domherr Heinrich von Ligerz. Angelegt hat den Garten wohl der Oberhofmarschall und Neffe des Fuerstbischofs, Baron Adam Franz Xavier von Roggenbach. Die drei standen unter dem Einfluss der englischen Gartentheoretiker Mason und Whately, deren Werke damals zum Teil auch in franzoesischer und deutscher Sprache erschienen waren. Ausgangspunkt zur Schaffung der Gartenanlage war der Kauf des ehemaligen Flachslaendischen Schloesschens am Dorfrand von Arlesheim als neuer Amtssitz fuer den Baron von Andlau. Das unbequeme und allmaehlich baufaellige Schloss Birseck wurde aufgegeben. Der Bau der Anlage, d.h. das Anlegen der Wege und der wenigen Bauten war eine willkommene Beschaeftigung fuer die schlecht verdienenden Landarbeiter. Die Eremitage wurde eine Hauptattraktion fuer Reisende aus ganz Europa, die hier auf dem Weg von oder nach Basel einen Halt machten. Bewunderer der Anlage schaetzten die schoene Natur mit den Felsenklippen und Hoehlen, «die nicht durch ueberfluessige Verzierungen und Verschoenerungen ueberladen seien». Dennoch ging es nicht ohne kuenstliche Eingriffe.

Der romantische Zeitgeist zeigte bald auch in der Arlesheimer Eremitage seine Auswirkungen. Auch hier wurde ein Wasserfall gebaut, auch hier entstand eine Eremiten-Huette, eine Diana-Grotte, eine kuenstliche Turmruine als «Temple de l'amour» mit gotischer Inschrift und einer Bildsaeule des Liebesgottes im Innern. Vorbei an den Apollogrotten gelangte man ueber eine Haengebruecke zur Proserpinagrotte, der Hauptattraktion des Gartens. Mit Lampen erhellt, theatralisch dekoriert mit einem Altar, umgeben von Monstern, einem Drachen und einem Krokodil. 1786 kam ein chinesischer Sonnenschirm auf der Schlossterrasse dazu, 1787 das Chalet des Alpes, eine echte Sennhuette. Das Schweizerhaus wurde zum Hauptort des Gartens. Sein Saal diente fuer Konzerte, Tanz und Bankette. Weitere Veraenderungen und Ergaenzungen erfuhr der Garten nach dem Besuch des Freimaurers und Scharlatans Graf Cagliostro. Nach dem Tod Salomon Gessners wurde die Eremitengrotte zur Gessnergrotte mit einem kleinen Denkmal.

Im Jahr der franzoesischen Revolution 1789 zaehlte die Eremitage 1332 Besucher. Noch bevor die Franzosen das zum Deutschen Reich gehoerende Bistum besetzten, steckte das Landvolk, das sich ermutigt durch die Revolution nun ebenfalls gegen die adelige Obrigkeit auflehnte, Teile der Eremitage in Brand, doch erst die Franzosen zerstoerten sie 1793 vollstaendig. Balbina starb 1798 im Exil in Freiburg i. B., Heinrich von Ligerz wurde als Domherr und Aristokrat verfolgt und zeitweise sogar im Schloss Chillon (Genfersee) eingekerkert. 1801 kehrte er nach Freiburg zurueck und half Balbinas Sohn Conrad von Andlau beim Wiederaufbau der Eremitage.

Was heute noch zu sehen ist, stammt aus der Zeit um 1812. Blinde Zerstoerungswut hat vieles unwiderruflich vernichtet. In juengster Zeit wurde der Baumbestand mit grossem Aufwand ausgelichtet, um den Eindruck der alten Gartenanlage wieder herzustellen. Ebenfalls restauriert wird der mechanische Eremit, ueber weitergehende Restaurationsarbeiten in den Grotten wird diskutiert
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